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Erinnerung an historischem Ort: Die Stadt Leipzig enthüllt am Sonntag, 24. April 2022, eine Gedenktafel an die Sächsisch-Thüringische Industrie- und Gewerbeausstellung (STIGA) von 1897. Die Tafel in Form einer zweiseitigen Stele wird nordwestlich des Bassins in der Anton-Bruckner-Allee aufgestellt – dem Ort, an dem vor 125 Jahren die STIGA eröffnet wurde und an die die Stadt Leipzig im Rahmen des Themenjahrs „2022 – Freiraum für Bildung“ erinnert. Auf der einen Seite wird die STIGA allgemein dargestellt, auf der anderen die darin integrierte Deutsch-Ostafrika-Ausstellung (DOAA), bei der 47 Menschen aus den damaligen deutschen Kolonien in Afrika zur Schau gestellt wurden.
„Mit der Erinnerung an die STIGA stellt die Stadt Leipzig in diesem Jahr ein historisches Ereignis in den Fokus, das bisher eher am Rande der Leipziger Erinnerungskultur stand. Bei allen positiven Effekten, die von der STIGA für die Entwicklung von Stadt und Leipziger Messe ausgingen, darf nicht vergessen werden, dass die Teilexposition DOAA mit Völkerschau dem damaligen Zeitgeist entsprechend, imperiale Interessen des Deutschen Reiches legitimierte und stereotype Sichtweisen auf andere Kulturen transportierte. Mein Dank gilt dem Projektteam von Colonial Memory: ReTelling DOAA, das mit seiner kritischen Auseinandersetzung mit der Völkerschau verdeutlicht, wie zentral in unserer heutigen Gesellschaft das tägliche Eintreten von uns allen gegen Vorurteile von Fremdartigkeit, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus ist“, sagt Kulturbürgermeisterin Dr. Skadi Jennicke.
„Wer die Entstehung des gegenwärtigen Rassismus verstehen will, muss meines Erachtens genau in diese Epoche der Geschichte schauen“, fügt Tanja Kolbe von der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland und Colonial Memory: ReTelling DOAA hinzu.
Die DOAA war eine Sonderausstellung der STIGA. Integraler Bestandteil war die „Völkerschau”, für die 47 Männer, Frauen und Kinder in der damaligen Kolonie „Deutsch-Ostafrika“ unter bislang unbekannten Umständen „angeworben” wurden. Vom Publikum getrennt hinter einem doppelten Zaun wurden sie im Ausführen inszenierter alltäglicher Handlungen wie Kochen, Jagen, Waschen sowie angeblich traditioneller Tänze und Schaukämpfe „gezeigt“.
Die Organisatoren um den Kolonialoffizier Kurt Blümcke hatten die Ausstellung nach der Vorstellung einer erfolgreichen und friedlichen Musterkolonie aufbauen lassen. Sie orientierten sich dabei an den vom Deutschen Reich kontrollierten Gebieten im heutigen Tansania, Ruanda, Burundi und dem Kionga-Dreieck im nördlichen Mosambik (damals „Deutsch-Ostafrika”). Erklärtes Ziel der Ausstellung war es, für die „koloniale Sache“ in der breiten Bevölkerung und unter Unternehmen in Mitteldeutschland zu werben. Für 30 Pfennig Eintritt konnten die Besucher einen Rundgang entlang von Nachbauten kolonialer Gebäude und vorbei an den afrikanischen Menschen unternehmen.
In dieser Zurschaustellung wurden die Afrikanerinnen und Afrikaner einer angeblich überlegenen deutschen Kultur gegenübergestellt. Diese konstruierte Überlegenheit funktionierte nur durch eine Abwertung der Ausgestellten. Die rassistische Praxis der Menschenausstellung in der DOAA haben nicht alle von ihnen überlebt. Über die Biografien der 47 Menschen, ihre Gedanken, Perspektiven und Wünsche, ist bisher kaum etwas bekannt.
In diesem Jahr wird unter dem Arbeitstitel „Colonial memory: ReTelling DOAA – Decolonise STIGA!“ eine Ausstellung mit Rahmenprogramm entstehen, welche die damalige Kolonialausstellung kritisch thematisiert. Kern der Ausstellung ist ein Perspektivwechsel, der auch das Zurückblicken der ausgestellten Personen der integrierten Völkerschau erlaubt. Zudem hinterfragt die Ausstellung die zeitgenössische Inszenierung kolonialer Machtverhältnisse und will deren Kontinuitäten aufzeigen.
In den öffentlichen Grünanlagen werden seit einigen Jahren an ausgewählten Standorten Informationstafeln aufgestellt, die über die Entstehungsgeschichte, Gestaltung, Bedeutung und auch den Schutzstatus der jeweiligen Anlage informieren. Rüdiger Dittmar, Leiter des Amtes für Stadtgrün und Gewässer, erläutert: „Informationstafeln in den historischen Anlagen dienen der Sensibilisierung der Bevölkerung für den historisch wertvollen und lebendigen grünen Erholungsraum, in dem sie sich gerade befinden. Die neue Informationstafel für die STIGA ergänzt dauerhaft die unweit davon 2018 aufgestellte Informationstafel zur Geschichte des Clara-Zetkin-Parks.“